Mitte August hatte sich unser Wunsch den Chüebodengletscher zu besuchen doch noch erfüllt. Fünf Wochen zuvor mussten wir unser Vorhaben verschieben, es lag einfach noch zu viel Schnee in dieser Höhe.
Der Chüebodengletscher befindet sich auf dem Gerenpass (2.683 m) welcher das Tessin mit dem Wallis als autofreier Pass verbindet.
Startpunkt war der kleine Ort All’Acqua (1.614 m) im Val Bedretto, den wir mit dem Auto von Thun via Grimsel- und Nufenenpass nach etwas mehr als zwei Stunden Fahrzeit erreichten. Mit der Sonne im Gesicht und Proviant in den Taschen machten wir uns auf den Weg zum Gerenpass. Zunächst führte ein gut ausgebauter Wanderweg in vielen Serpentinen vorbei an unzähligen Heidelbeersträuchern zur Capanna Piansecco SAC (1.982m). Nach einer kurzen Verschnaufpause gingen wir den zunächst noch gut erkennbaren, jedoch nicht ausgeschilderten Weg weiter in Richtung Passhöhe. Doch schon bald sollte es schwieriger werden, denn es folgte ein wegloses, grossblockiges Geröllfeld in dem wir uns sehr mühsam einen Weg nach oben suchen mussten. Erst bei unserem Abstieg am nächsten Tag erkannten wir, dass eine Route durch dieses unwegsame Gelände vorhanden war. Kleine Steinmandli sollten die jeweiligen Wegpunkte darstellen.
Unserer schweren Ausrüstung sowie dem unwegsamen Gelände geschuldet kamen wir jetzt nur noch langsam voran. Die Felsenwände um uns herum schienen zu einem grossen Teil brüchig zu sein, denn immer wieder beobachteten wir, wie Steine und Felsen unterschiedlicher Grösse abbrachen. Es polterte immer wieder um uns herum und für mich war es zeitweise ein beängstigendes Gefühl. Um den Abstieg am nächsten Tag wollte ich mir jetzt noch nicht den Kopf zerbrechen. Als wir nach ca. 3,5 Stunden Aufstieg den Gerenpass erreichten, lag der Chüebodengletschersee direkt vor uns und wir wurden von einem fantastischen Bergpanorama begrüsst. Der mühsame Aufstieg war spätestens jetzt vergessen. WoW! – was für eine einzigartige und erhabene Landschaft.
Ein weiterer fantastischer Ort mitten in den Bergen, der nicht nur das Fotografenherz höher schlagen lässt, wenn man bereit ist, etwas Mühe auf sich zu nehmen.
Unser Zelt stellten wir am See auf, glücklicherweise hatten hier zuvor schon fleissige Hände zwei Plätze freigeschaufelt, so dass wir sofort mit dem Aufbau beginnen konnten – vielen Dank an dieser Stelle! Nach der Anstrengung des Aufstiegs genossen wir erst einmal die Sonne und den atemberaubenden Ausblick auf die umliegende Berglandschaft. Weit im Hintergrund blickten wir auf die Berner 4000er wie z.B. das Finsteraarhorn und das Schreckhorn.
Unsere Fotos machten wir im Anschluss und verkrochen uns dann in unser Zelt, denn es wurde ziemlich windig und somit auch kühler dort oben. Dank unserer Winterschlafsäcke hatten wir es jedoch angenehm warm in der Nacht. Am nächsten Morgen färbte sich der Wolkenhimmel über dem Val Bedretto für einen Moment feuerrot, was für ein Anblick mit dem Nebel der sich stellenweise zwischen die Berge mischte. Das war wieder einmal ein Moment in dem wir nicht wussten, wo wir zuerst fotografieren sollten, denn die andere Seite hatte eben auch noch einiges zu bieten.
Der Gletschersee war über Nacht zu einem grossen Teil zugefroren und bot somit in Verbindung mit den Eisschollen einen tollen Vordergrund für unsere Aufnahmen in die westliche Richtung der Schweizer Alpen. Anfangs noch etwas zaghaft gingen wir mit unseren Stativen über die fixen Eisschollen entlang des See um spannende Perspektiven zu erlangen.
Nach einem kleinen Frühstück und einem Kaffee packten wir unsere Sachen zusammen, und machten uns fertig zum Abstieg nach All’Acqua. Der Abstieg war etwas weniger beschwerlich, da wir entlang der vereinzelt aufgestellten Steinmandli (Wegpunkte) zurück gingen. Diese hatte wir, wie bereits erwähnt, beim Aufstieg nicht gesehen. Trotzdem forderte uns dieser Weg noch einiges ab. In All’Acqua angekommen gönnten wir uns einen Saft vom Fass bevor wir über den Nufenenpass zurück zu unserem nächsten Fotoziel der wunderbaren Grimselwelt fuhren.